Diese Verschlüsselung ist recht einfach zu knacken. Bitte verwenden Sie sie daher nur spaßeshalber.


Man weiß zwar nicht, wer zum ersten Mal erkannte, dass die unterschiedliche Häufigkeit der Buchstaben in Texten dazu benutzt werden konnte, Geheimschriften zu entschlüsseln, doch die früheste bekannte Beschreibung dieser Technik stammt von einem Gelehrten des neunten Jahrhunderts namens Abu Yusuf Ya´qub ibn Is-haq ibn as-Sabbah ibn omran ibn Ismail al-Kindi. Al-Kindi, der als "Philosoph der Araber" bezeichnet wurde, hat 290 Bücher über Medizin, Astronomie, Mathematik, Linguistik und Musik verfaßt. Seine bedeutendsten Abhandlungen, die erst 1987 im Istanbuler Süleiman-Osman-Archiv wiederentdeckt wurde, trägt den Titel "Abhandlung über die Entzifferung kryptographischer Botschaften". Sie enthält eingehende Untersuchungen über Statistik, arabische Phonetik und arabische Syntax, doch die revolutionäre Methode der Kryptoanalyse liegt in zwei kurzen Absätzen verborgen:

"Eine Möglichkeit, eine verschlüsselte Botschaft zu entziffern, vorausgesetzt, wir kennen ihre Sprache, besteht darin, einen anderen Klartext in derselben Sprache zu finden, der lang genug ist, um ein oder zwei Blätter zu füllen, und dann zu zählen, wie oft jeder Buchstabe vorkommt. Wir nennen den häufigsten Buchstaben den "ersten", den zweithäufigsten den "zweiten", den folgenden den "dritten" und so weiter, bis wir alle Buchstaben in der Klartextprobe durchgezählt haben.
Dann betrachten wir den Geheimtext, den wir entschlüsseln wollen, und ordnen auch seine Symbole. Wir finden das häufigste Symbol und gaben ihm die Gestalt des "ersten" Buchstabens der Klartextprobe, das zweithäufigste Symbol wird zum "zweiten" Buchstaben, das dritthäufigste zum "dritten" Buchstaben und so weiter, bis wir alle Symbole des Kryptogramms, das wir entschlüsseln wollen, auf diese Weise zugeordnet haben."


Untersuchen wir Klartextproben der deutschen und englischen Sprache, kommen wir zu folgendem Ergebnis:


Häufigkeitsverteilung des deutschen Alphabets:
(Angaben in Prozent)




Häufigkeitsverteilung des englischen Alphabetes:
(Angaben in Prozent)




Im Deutschem ist das e der häufigste Buchstabe, ihm folgt das n, dann das i und so weiter. Ist also in unserer Geheimbotschaft das J das häufigste Symbol, so steht er wahrscheinlich für das e und so weiter.
Al-Kindis Verfahren, auch als Häufigkeitsanalyse bezeichnet, zeigt, daß es nicht nötig ist, jeden einzelnen der Millarden möglicher Schlüssel durchzuprüfen. Vielmehr läßt sich der Inhalt einer chiffrierten Nachricht einfach durch die Analyse der Häufigkeit der Buchstaben im Geheimtext entschlüsseln.



Allerdings sollte man al-Kindis Gebrauchsanweisung für die Kryptoanalyse nicht einfach schablonenhaft anwenden, denn die Häufigkeitstabelle gibt nur die Durchschnittswerte und nicht die genaue Buchstabenhäufigkeit jedes beliebigen Textes wieder. Zum Beispiel ließe sich der Zungenbrecher "In Ulm und um Ulm und um Ulm herum" durch schlichte Häufigkeitsanalyse nicht entschlüsseln. Häufig weichen kurze Texte von der Normalverteilung ab, und wenn sie weniger als hundert Buchstaben haben, wird die Entschlüsselung sehr schwierig. Hingegen werden längere eher, wenn auch nicht immer, der Normalverteilung entsprechen. Im Jahr 1969 schrieb der französische Schriftsteller Georges Perec La Disparition, einen Roman von 200 Seiten, in dem kein einziges Mal der Buchstabe e vorkommt. Um so bemerkenswerter ist, daß es seinem deutschen Übersetzer Eugen Helmlé gelang, das Werk ins Deutsche zu übertragen und Perecs Originalfassung darin treu zu bleiben, daß das e nicht auftaucht. Helmés Übertragung mit dem Titel Anton Voyls Fortgang liest sich überraschend gut. Wenn das gesamte Buch monoalphabetisch verschlüsselt wäre, würde ein naiver Versuch, es zu dechiffrieren, ins Leere laufen, weil der im Deutschen häufigste Buchstabe überhaupt nicht vorkommt.

Nun, da Sie das wichtigste Werkzeug der Kryptoanalyse kennengelernt haben, versuchen Sie sich doch an der Entschlüsselung olgenden Textes. Gewiß verlangt die Häufigkeitsanalyse einigen Aufwand an logischem Denken, doch Sie werden sehen, dass Schlauheit, Spürsinn und schlichte Knobelarbeit auch nicht fehl am Platze sind. Der zu entschlüsselnde Text ist übrigens deutsch.


    PR ISRSQ YSPUD SYOCREBS GPS NFRZB GSY NCYBVEYCWDPS
    SPRS ZVOUDS HVOONVQQSRDSPB, GCZZ GPS NCYBS SPRSY
    SPRMPESR WYVHRM GSR YCYBS GSZ YSPUDZ GSR SPRSY WYVHPRM.
    SPRRCDQ FRG GPS NCYBS GSZ YSPUDZ GSR SPRSY WYVHPRM.
    QPB GSY MSPB ASTYPSGPEBSR GPSZS FSASYQCSZZPE EYVZZSR
    NCYBSR RPUDB OCSRESY, FRG QCR SYZBSOOBS SPRS NCYBS
    GSZ YSPUDZ, GPS ESRCF GPS EYVSZZS GSZ YSPUDZ DCBBS.

    AVYESZ, HZR GSY ZBYSRES GSY JPZZSRZUDCTB

Viel Spaß!

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